Fragen an… Prof. Dr. Thilo Hackert

Darmkrebserkrankungen sind mit ca. 70.000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland die zweithäufigste Krebsart. Wird die Diagnose frühzeitig gestellt und erfolgt eine individuell auf die Patient:innen abgestimmte Therapie, bestehen gute Heilungschancen. Anlässlich des Darmkrebsmonats März erklärt Prof. Dr. Thilo Hackert, Direktor der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie im Universitären Cancer Center Hamburg (UCCH) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), warum die Früherkennung bei Darmkrebs so wichtig ist und welche Therapiemöglichkeiten es gibt.

Warum ist die Darmkrebsvorsorge wichtig?

Prof. Dr. Thilo Hackert: Darmkrebs ist gut heilbar, wenn er früh erkannt wird. Bei der Darmkrebsvorsorge können schon Vorläuferstadien von Krebs im Dick- und Enddarm erkannt und entfernt werden. Im ersten Schritt ist ein Test auf verstecktes Blut im Stuhl sinnvoll. Diese Stuhltests können Patient:innen selbst zu Hause ohne Vorbereitung anwenden. Der Goldstandard in der Prävention sind allerdings Koloskopien, also Darmspiegelungen. In Deutschland haben Männer ab dem 50. und Frauen ab dem 55. Lebensjahr in der gesetzlichen Krankenversicherung darauf einen Anspruch. Bei einer Darmkrebs-Symptomatik oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen werden Darmspiegelungen auch bei jüngeren Menschen durchgeführt.

Welche Risikofaktoren begünstigen den Darmkrebs?

Ursachen für die Entstehung von Dickdarmkrebs sind vor allem in Lebens- und Ernährungsgewohnheiten zu finden. Fettreiche und ballaststoffarme Kost, Übergewicht, Bewegungsmangel, Tabak- oder Alkoholkonsum und genetische Vorbelastungen erhöhen das Erkrankungsrisiko. Besonders darmkrebsgefährdet sind Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und mit Typ-2-Diabetes. Bei ihnen ist das Darmkrebsrisiko etwa doppelt so hoch wie bei Stoffwechselgesunden, denn durch bestimmte Stoffwechsel- und Entzündungsprozesse bilden sie häufiger bösartige Zellveränderungen im Dickdarm und anderen Geweben aus.

Wie wird Darmkrebs diagnostiziert?

Bevor eine Therapie eingeleitet werden kann, wird der Tumor durch endoskopische und bildgebende Verfahren genau lokalisiert. Mithilfe radiologischer Untersuchungen wie Ultraschalldiagnostik, Computertomografie und Magnetresonanztomografie wird neben der Darstellung des Tumors geschaut, ob bei den Betroffenen auch die Lymphknoten vergrößert sind und bereits eine Metastasierung des Tumors in anderen Organen stattgefunden hat.

Wie wird Darmkrebs behandelt?

Die Behandlung von Darmkrebs ist einerseits von der Lage des Tumors abhängig. So unterscheidet sich die Therapie bei Dickdarmkrebs von der bei Enddarmkrebs. Andererseits spielt auch das Stadium der Erkrankung für die individualisierte Behandlungsstrategie eine Rolle. Im UCCH wird diese in einem interdisziplinären Tumorboard von Ärzt:innen verschiedener Fachdisziplinen unter Einbeziehung aller Befunde des Betroffenen festgelegt. Die Therapie besteht häufig aus einer Kombination von Operation, Bestrahlung und Chemotherapie. Die Entfernung des Darmkrebses stellt dabei die wichtigste therapeutische Maßnahme für die Heilung dar. Auch neue Ansätze, wie etwa Immuntherapien, die die körpereigene Immunabwehr gezielt unterstützen, um Krebszellen aufzuspüren und anzugreifen, könnten in Zukunft ein therapeutisches Mittel werden. Momentan wird diese Therapieform noch in klinischen Studien erprobt.

Wie groß ist die Gefahr einer Inkontinenz nach der operativen Tumorentfernung?

Durch eine leitliniengerechte Vorbehandlung und unsere modernen Operationstechniken können wir bei Enddarmkrebs in bis zu 90 Prozent aller Fälle den Schließmuskel erhalten und auf einen dauerhaften künstlichen Darmausgang verzichten. Viele der Operationen führen wir im UKE mittlerweile minimal-invasiv in der sogenannten Schlüssellochtechnik durch, einige auch mithilfe von Roboter-Operationssystemen. Mit diesen Roboterassistenten lassen sich hochpräzise Eingriffe mit nur kleinen Schnitten an besonders engen Gebieten des Darms, insbesondere im Becken bei Enddarmkrebs, durchführen. Ein geringerer Blutverlust, weniger Schmerzen, eine schnellere Wundheilung und Mobilität sind Vorteile dieser schonenden Operationsmethode für die Patient:innen. Bei fortgeschrittenen Tumoren setzen wir auf konventionelle Eingriffe, um das Tumorgewebe vollständig entfernen zu können.

Wie sind die Heilungschancen bei Darmkrebs?

Durch eine immer bessere Diagnostik und die unterschiedlichen Therapieoptionen haben sich in den vergangenen Jahren die Heilungschancen deutlich verbessert. Die Zahl der Neuerkrankungen bewegen sich seit Jahren auf relativ gleichbleibendem Niveau. Dennoch sterben noch immer rund 27.000 Menschen jährlich an Darmkrebs. Regelmäßige Voruntersuchungen helfen, die Entstehung der Krankheit zu verhindern oder so früh wie möglich zu erkennen. Daneben können wir heute auch in metastasierten Erkrankungsstadien, hier vor allem bei Lebermetastasen, häufig eine chirurgische Therapie mit der Chance auf Heilung anbieten.

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Prof. Dr. Thilo Hackert, MBA

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Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

Das 1889 gegründete Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist eine der modernsten Kliniken Europas und mit rund 14.400 Mitarbeitenden einer der größten Arbeitgeber in Hamburg. Pro Jahr werden im UKE rund 497.000 Patient:innen versorgt, 90.000 davon stationär und 407.000 ambulant. Zu den Forschungsschwerpunkten des UKE gehören die Neurowissenschaften, die Herz-Kreislauf-Forschung, die Versorgungsforschung, die Onkologie sowie Infektionen und Entzündungen. Über die Medizinische Fakultät bildet das UKE rund 3.400 Mediziner:innen, Zahnmediziner:innen und Hebammen aus.

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Saskia Lemm

Pressesprecherin

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