Pressemitteilung 28.01.2022

Optimierung des künstlichen Hüftgelenks

Wissenschaftliches Kooperationsprojekt von Karlsruher Institut für Technologie, Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim und Gelenkzentrum Schwarzwald in Neuenbürg

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert ein wissenschaftliches Gesamtprojekt von Karlsruher Institut für Technologie, Klinik für Orthopädie (Friedrichsheim) des Universitätsklinikums Frankfurt und Gelenkzentrum Schwarzwald in Neuenbürg zur weiteren Optimierung der Ergebnisse bei künstlichem Hüftgelenk.
Die Arthrose geht mit Gelenkschmerzen und funktionellen Einschränkungen einher und ist eine der Hauptursachen für Beeinträchtigungen in der älteren Bevölkerung. Die Prävalenz, also die Gesamtzahl der Krankheitsfälle in der Bevölkerung, von Knie- oder Hüftgelenksarthrose liegt in Deutschland je nach Alter und Geschlecht zwischen 20 und 30%. Sofern das persönliche Leiden von Personen mit Hüftarthrose zu groß ist und konservative Behandlungsmethoden nicht mehr helfen, können mit einem künstlichen Gelenkersatz die Schmerzen gelindert und das Aktivitätsniveaus wieder hergestellt werden.
Trotz exzellenter medizinischer Ergebnisse nach Einbau einer Hüftgelenksprothese bleiben zum Teil Abweichungen im Gangmuster bestehen. Derartige Abweichungen können zu höheren Gelenkbelastungen in benachbarten Gelenken wie der gegenüberliegenden Hüfte und den Kniegelenken führen. Dadurch steigt das Risiko, dass in diesen Gelenken ebenfalls eine Arthrose auftritt. Dies trifft insbesondere auf das Kniegelenk auf der anderen Körperseite zu. Weitere Faktoren, die mit der Gelenkbelastung zusammenhängen, sind die veränderte Beinachse nach dem Einsatz einer Hüfttotalendoprothese sowie die veränderte Funktion der hüftumgreifenden Muskulatur.
Diese und andere Fragen sollen in einem wissenschaftlichen Forschungsprogramm behandelt werden. Ein Ziel dieses Forschungsvorhabens ist die Vorhersage, welche Patienten anfällig sind für solche Abweichungen in Gangmustern und erhöhten Gelenkbelastungen nach Einsatz der Hüfttotalendoprothese und somit ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Arthrose in benachbarten Gelenken haben. Die Identifikation gefährdeter Patienten soll sowohl anhand ihrer Gangbiomechanik als auch anhand von Biomarkern im Blutserum erfolgen. Die frühzeitige Identifikation ist notwendig, um die Rehabilitation nach einer Hüfttotalendoprothese zu optimieren und die Behandlungskosten für das Gesundheitssystem zu reduzieren.
Ein weiteres Ziel dieses Projekts ist es, den Einfluss der Beinausrichtung im Allgemeinen und speziell die Wiederherstellung der ursprünglichen Anatomie des Patienten und der Beinlänge auf die Entwicklung der Muskelkräfte und folglich die Entwicklung eines gesunden Gangmusters sowie Belastung für alle Gelenke zu untersuchen. Die Erkenntnisse aus diesem Projekt können zu einer Optimierung der Prothesenplanung führen und somit einen frühzeitigen Verschleiß der Prothese verhindern sowie ungünstige Belastungen in benachbarten Gelenken reduzieren. „Wir sind sehr stolz, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft zugestimmt hat, dieses interessante und wichtige Projekt zu fördern“, so Professor Dr. Stefan Sell, Ärztlicher Direktor am Gelenkzentrum Schwarzwald im RKH Krankenhaus Neuenbürg und Professor am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Neben Professor Dr. Sell sind Dr. Stefan van Drongelen, Klinik für Orthopädie (Friedrichsheim) des Universitätsklinikums Frankfurt unter der Leitung von Prof. Andrea Meurer), und Professor Dr. Thorsten Stein, Karlsruher Institut für Technologie, Institut für Sport und Sportwissenschaft, Hauptantragsteller des Forschungsprojekts.
Foto: RKH Kliniken – Fotograf: Martin Stollberg Bildunterschrift: Professor Dr. Stefan Sell