Wie schädigt zu viel Interferon das Gehirn von ungeborenen Kindern?
Forscher*innen der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) erstellen erstes Tiermodell, mit dem schädigende Mechanismen von übermäßiger Interferonausschüttung auf das Gehirn untersucht werden können. Veröffent-
licht in der wissenschaftlichen Open-Access-Fachzeitschrift Nature communications.

(umg) Interferon ist der wichtigste Botenstoff, mit dem das angeborene Immunsystem die Abwehr gegen Virusinfektionen einleitet. Interferon löst in nahezu allen Körperzellen eine Reihe von Programmen aus, die der Zerstörung eines eingedrungenen Virus dienen. Bei einer übermäßigen Ausschüttung von Interferon im
Rahmen einer Virusinfektion während der Schwangerschaft kann es jedoch beim ungeborenen Kind zu einer beträchtlichen Schädigung des Gehirns kommen. So können beispielsweise Infektionen mit dem Cytomegalie Virus (CMV) zur Folge haben, dass Kinder nach der Geburt von einer schweren geistigen Behinderung,
epileptischen Anfällen und einer ausgeprägten Spastik betroffen sind.
Zu einer starken Interferonausschüttung kommt es ebenfalls bei einer Reihe von genetisch-bedingten Erkrankungen. Bei den sogenannten Interferonopathien sind Defekte im Nukleinsäure-Stoffwechsel (RNA und DNA) der Zellen die Ursache. Zu
dieser Erkrankungsgruppe gehört die sogenannte RNASET2-defiziente zystische Leukenzephalopathie. Die Erkrankung wurde erstmals im Jahr 2009 durch Kinderärzt*innen der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) erkannt und beschrieben.
Einem Göttinger Forscherteam um Dr. Matthias Kettwig, Klinik für Kinder- und Ju-
gendmedizin (Direktorin: Prof. Dr. Jutta Gärtner) der UMG ist es nun erstmals gelungen, ein Mausmodell für die RNASET2-Erkrankung zu entwickeln. Mit Hilfe des Tier-Modells der Erkrankung konnten erste detaillierte, wissenschaftliche Einblicke in eine Interferon-vermittelte Entzündung des Gehirns gewonnen werden. Das
Modell ist bisher das einzige für die Gruppe der Interferonopathien, das eine Beteiligung des Gehirns aufweist. Es stellt damit die Grundlage dar für die Entwicklung von wirksamen Therapien nicht nur für diese seltene genetische Erkrankungsgruppe, sondern auch für hirnschädigende Virusinfektionen während der Schwanger-
schaft.

 

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