Gebärmutterhalskrebs gehört der Geschichte an, so die WHO.

Bochum,01.11.2022. Gebärmutterhalskrebs ist der „Krebs, den wir eliminieren können“, sagte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und appellierte an ihre Mitgliedstaaten, die Krankheit der Geschichte zu überlassen. HPV tritt weltweit sowohl bei Frauen als auch bei Männern auf. Es muss zwischen Hochrisiko-HPV-Typen, die bösartige Tumore verursachen, und Niedrigrisiko-HPV-Typen, die für Genitalwarzen verantwortlich sind, unterschieden werden. Eine bevölkerungsbezogene Studie aus den Jahren 2010/2011 zeigt, dass in Deutschland 35% der Frauen im Alter von 20-25 Jahren mit einem Hochrisiko-HPV-Typ infiziert sind. Dabei werden in Deutschland jährlich etwa 1,6% der Krebserkrankungen auf Hochrisiko-HPV-Typen zurückgeführt. Nach Angaben der Krebsregisterstelle des Robert-Koch-Instituts erkrankten in Deutschland im Jahr 2019 etwa 4.575 Frauen an Gebärmutterhalskrebs. Die relative 5-Jahres- Überlebensrate nach Diagnose eines Zervixkarzinoms beträgt dabei 65 %. Etwa 1.600 Frauen sterben jedes Jahr an dieser Erkrankung.

Auf der Jahrestagung des Regionalkomitees in Tel Aviv wird die WHO/Europa die 53 Mitgliedsstaaten aus Europa und Zentralasien bitten, einem Fahrplan zur Beschleunigung der Eliminierung von Gebärmutterhalskrebs als Bedrohung für die öffentliche Gesundheit in der europäischen Region zuzustimmen.

Um Gebärmutterhalskrebs zu eliminieren, ist ein starkes politisches Engagement der Mitgliedsstaaten notwendig sowie Ausbildung des Personals, angemessene Investitionen in Versorgungswege, Kommunikation und Überwachung. Zugleich ist die HPV-Impfung von entscheidender Bedeutung.

HPV-Impfung

Die HPV-Impfung, neben der Gebärmutterhalskrebsvorsorge verringert deutlich die vermeidbare Erkrankung und Todesfälle. So zeigt eine aktuelle Studie aus England, dass die Impfung gegen das humane Papillomavirus die Inzidenz von Gebärmutterhalskrebs bei Frauen im Alter von 20 Jahren, denen die Impfung im Alter von 12-13 Jahren im Rahmen des britischen HPV-Impfprogramms angeboten wurde, um 87% gesenkt hat. Die Autoren der Studie erklärten, dass das HPV-Impfprogramm den Gebärmutterhalskrebs bei Frauen, die seit dem 1. September 1995 geboren wurden, nahezu eliminiert habe. In Bezug auf Deutschland, so das Robert-Koch-Institut, bietet der HPV- Impfstoff einen guten Schutz gegen HP-Viren, die am häufigsten Gebärmutterhalskrebs auslösen. Allerdings ist es Australien, das im Kampf

gegen Gebärmutterhalskrebs derzeit weit vorne liegt. Die Anzahl der Neuerkrankungen bis zum Jahr 2028 könnte dort, laut aktuellen Einschätzungen auf 4 pro 100.000 Frauen gesenkt werden- dies soll unteranderem der flächendeckenden Impfung gegen HPV zu verdanken sein. Schon jetzt liegt die Inzidenz von Gebärmutterhalskrebs bei 7 pro 100.000 Frauen. Der Grund hierfür ist, dass in dem Land seit 1991 ein Pap-Screening –Programm läuft. Den aktuellen Daten zufolge, wird die Inzidenz weiter sinken. Ein möglicher Grund wäre das Impfprogramm gegen HPV für Schulkinder, das in Australien sei 2007 läuft und mit dem hohe Impfquoten erreicht wurden, sodass die Erfolge auch für die kommenden Jahre erwartet werden. Wenn die flächendeckende Impfung sowie weitere Maßnahmen wie das Screening- Programm beibehalten werden, läge die Eliminierungsschwelle bei vier neuen Fällen pro 100 000 Frauen jährlich. Zudem kann bis zum Jahr 2034 die Zahl der Todesfälle durch Gebärmutterhalskrebs auf 1 pro 100.000 Frauen reduziert werden.

Um das Ziel der Eliminierung zukünftig zu erreichen, müssen die Länder eine nationale Durchimpfungsrate von 90 Prozent erreichen. Der wirksamste Weg zu diesem Ziel besteht darin, die HPV-Impfung in nationale Impfprogramme aufzunehmen und gleichzeitig in effektive Kommunikationsstrategien zu investieren.

Somit gelten, neben der gerechten Bereitstellung des HPV-Impfstoffs, auch national organisierte Screening-Programme und eine hochwertige Behandlung von Gebärmutterhalskrebs als Best-Buy-Interventionen. Indem sich die Länder bemühen, die globalen 90-70-90-Ziele bis 2030 zu erreichen und die Politik ein stärkeres und konsequenteres Engagement zur Eliminierung von Gebärmutterhalskrebs durchsetzt, kann diese Krankheit schon blad der Geschichte überlassen werden.

Simon Siewert
Projektkoordination / Öffentlichkeitsarbeit

WIR Zentrum für Sexuelle Gesundheit und Medizin

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Über die DSTIG

Die Deutsche STI-Gesellschaft mit Sitz in Bochum versteht sich als aktive medizinische Fachgesellschaft zur Förderung der sexuellen Gesundheit. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kenntnisse über sexuell übertragbare Infektionen zu gewinnen und zu verbreiten. Die DSTIG bringt unterschiedliche Fachdisziplinen zusammen: die Gynäkologie, Urologie, Dermatologie, Psychologie, Epidemiologie, Sozialwissenschaft, den Bereich “Public Health”, sowie viele weitere Berufsgruppen. Die DSTIG informiert über Prävention, Forschung und Behandlung sexuell übertragbarer Infektionen. Sie fördert den wissenschaftlichen Austausch und organisiert Fortbildungsmaßnahmen.

Quellen:

Zentrum für Krebsregisterdaten (2022):

https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Gebaermutterhalskrebs/gebaermut terhalskrebs_node.html

abgerufen am 08.11.2022

Robert-Koch-Institut (2018): Humane Papillomviren. RKI Ratgeber

https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_HPV.html

abgerufen am 8.11.2022

BROTHERTON, Julia ML / CANFELL, Karen / FRAZER, Ian H / HALL, Michaela / LEW, Jie- Bin / SAVILLE, Marion / SIMMS, Kate / SMITH, Megan A (2019): The projected timeframe until cervical cancer elimination in Australia: a modeling study. In: The Lancet. Public Health,

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Volume 4, Issue 1, P. e19-e27 https://doi.org/10.1016/S2468-2667(18)30183-X abgerufen am 8.11.2022.