Erstmals lokale thermische Chemotherapie im Brustkorb angewandt

Chirurgen der Unimedizin gehen neue Wege in der Krebsbehandlung des Brustfells

Rostock – Starker Gewichtsverlust, Atemnot, Schwäche – Jochen Westphal ahnte bereits, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Trotzdem brauchte es die ganze Überzeugungskraft seiner Familie, bis er einen Arzt aufsuchte. Schnell bekam er eine Überweisung in die Unimedizin Rostock, denn es hatte sich Flüssigkeit im Brustfellraum angesammelt. In der Computertomographie konnte man große Tumormassen erkennen, die bereits die Lunge verdrängt hatten.

Nach weiteren Untersuchungen wurde eine bösartige Erkrankung des Brustfells diagnostiziert, ein malignes Pleuramesotheliom. Zu dieser Zellentartung kommt es vor allem durch das Einatmen von Asbestfasern, die sich in der Bindegewebsschicht zwischen Lunge und Brustwand, dem Brustfell, absetzen. In Deutschland zählt diese Krankheit als Berufserkrankung, allein 2017 gab es laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung 1.630 asbestbedingte Todesfälle.

Obwohl ein Patient mit diesem Erkrankungsbild nur schwer operierbar ist, nahm sich ein Team um den Chirurgen Dr. Rolf Oerter mehrere Stunden Zeit, um alle erkennbaren Tumore des Brustfells bei gleichzeitiger Schonung der Lunge operativ zu entfernen. Und Jochen Westphal hatte Glück im Unglück, denn die Tumormasse war zwar groß, aber auf das Brustfell beschränkt. „Dadurch konnten wir in einer zweiten Operation erstmals eine lokal wirkende thermische Chemotherapie im Brustraum (HITOC) durchführen. Dafür wird ein hochwirksames Krebsmedikament auf 42 Grad Celsius erwärmt und damit das ehemalige Tumorgebiet für 60 Minuten gespült. Das ist ein Verfahren, das bei anderen Krebserkrankungen im Bauchraum (HIPEC) inzwischen Routine ist”, erläutert Dr. Sebastian Hinz, der gemeinsam mit Dr. Oerter diese Operation ausführte. Das Ein- und Ausspülen eines erwärmten Chemotherapeutikums steigert die Wirksamkeit sehr effektiv, begrenzt sie aber lokal, sodass nur ein kleiner Teil vom Körper aufgenommen wird. „Wir erreichen damit eine 60-fach höhere Konzentration der Chemotherapie direkt im betroffenen Bereich. Die Wirkung kann sich so bis 3 mm tief in das umgebende Gewebe entfalten. Das ist mit einer intravenösen Gabe nicht möglich”, ergänzt Thoraxspezialist Oerter. Die Krankheit kann dank des neuen Verfahrens leichter kontrolliert werden und die Prognose für den Patienten verbessert sich. Dabei ist es besonders wichtig, alle erkennbaren Tumore zu entfernen und die Lunge und damit auch die Lebenskraft des Erkrankten zu erhalten.

Der Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax-, Gefäß- und Transplantations-chirurgie, Prof. Dr. Clemens Schafmayer, freut sich, dass die Unimedizin Rostock damit eine Vorreiterrolle im Mecklenburg-Vorpommern einnimmt. „Das Verfahren der thermischen Spülung des Brustraumes mit einem Chemotherapeutikum wird bislang an weniger als 20 Kliniken in Deutschland angewendet. Wir versprechen uns davon künftig eine wesentliche Stabilisierung und positive Beeinflussung dieser Krebserkrankung des Brustfells.”

Jochen Westphal hat beide Operationen gut überstanden und kommt langsam wieder zu Kräften, denn mit der Luft kommt auch der Appetit zurück. Und die Lust auf Gartenarbeit. Zur Sicherheit muss der 67-Jährige Kühlungsborner nun noch eine anschließende Chemotherapie über sich ergehen lassen, um wirklich alle Krebszellen zu beseitigen.

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BU: Dr. Rolf Oerter (l.), Prof. Dr. Schafmayer und Dr. Sebastian Hinz (r.) haben bei Patient Jochen Westphal erstmals eine lokale Chemotherapie im Brustkorb durchgeführt.

 

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