Jüngere Patientinnen und Patienten mit Aortenklappen-Erkrankungen können langfristig von einer bestimmten Operationstechnik profitieren. Das zeigen Auswertungen von Daten eines weltweit einzigartigen Registers, das in der Klinik für Herz- und thorakale Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Lübeck, geführt wird. Über mehr als 25 Jahre wurde das Befinden von 2.444 Patientinnen und Patienten nach der „Ross-Operation“ dokumentiert.

Für jüngere Menschen mit einer Aortenklappen-Erkrankung kommt oft nur der Herzklappenersatz mit einer mechanischen Klappenprothese in Frage. Dies bedeutet aber auch eine lebenslange Behandlung mit blutverdünnenden Substanzen und die damit verbundenen Risiken. Eine Alternative stellt die Ross-Operation dar, die nach dem Operateur benannt ist, der sie erstmals durchgeführt hat: Dabei wird die patienteneigene gesunde Pulmonalklappe in die Position der degenerierten Aortenklappe implantiert; die Pulmonalklappe wiederum wird durch eine Spenderherzklappe ersetzt. Den Erfolg dieser Methode zeigen die Langzeit-Daten aus dem Lübecker Register: Bei den auf diese Weise operierten Patientinnen und Patienten, die im Mittel 44 Jahre alt waren, traten nur sehr wenige Komplikationen auf, ihre Lebenserwartung entsprach statistisch jener der Normalbevölkerung. Die Auswertung der Daten wurde im renommierten Journal of the American College of Cardiology veröffentlicht.

„Wir freuen uns sehr über diese Ergebnisse, da sich im Register auch Daten der über 700 Lübecker Ross-Patientinnen und -Patienten befinden“, sagt Dr. Anas Aboud, leitender Oberarzt der Klinik für Herz- und thorakale Gefäßchirurgie, Campus Lübeck, und Erstautor des Manuskripts. Klinikdirektor Prof. Dr. Stephan Ensminger ergänzt: „Das Ross-Register ist das Vermächtnis meines Vorgängers, Prof. Dr. Hans-Hinrich Sievers, für das ich sehr dankbar bin. Er hat das Ross-Register 1988 ins Leben gerufen und stand der Herzchirurgie auch nach seiner aktiven Zeit mit seiner großen Erfahrung zur Seite.“

Für jüngere Patientinnen und Patienten eignen sich biologische Herzklappen – und damit auch Katheter-Herzklappen – aufgrund der begrenzten Haltbarkeit normalerweise nicht als Klappenersatz. Prof. Dr. Ingo Eitel, Direktor der medizinischen Klinik II (Kardiologie, Angiologie, Intensivmedizin), Camus Lübeck, freut sich daher, „dass wir mit der Ross-Operation auch jungen Patientinnen und Patienten mit Aortenklappen-Erkrankungen eine hervorragende Therapiemöglichkeit anbieten und damit für jede Altersgruppe eine optimale Behandlungsstrategie vorhalten können.“ Die Medizinische Klinik II und die Klinik für Herz- und thorakale Gefäßchirurgie kooperieren fachübergreifend im Universitären Herzzentrum Lübeck und zeichnen sich durch große Erfahrung mit Herzklappentherapien aus.

„Auf Grund der sehr guten Daten hat das Interesse an der Ross-Therapiemöglichkeit deutlich zugenommen und es ist geplant, das Lübecker Register kontinuierlich um weitere Zentren aus der ganzen Welt zu erweitern“, sagt Prof. Ensminger. Die Ross-Operation sei jedoch eine komplexe, technisch schwierige Operation und solle deshalb nur an Zentren mit ausgewiesener Expertise durchgeführt werden.

Publikation: Aboud A, Charitos EI, Fujita B, Stierle U, Reil JC, Voth V, Liebrich M, Andreas M, Holubec T, Bening C, Albert M, Nemec P, Ondrasek J, Murin P, Lange R, Reichenspurner H, Franke U, Gorski A, Moritz A, Laufer G, Hemmer W, Sievers HH, Ensminger S. Long-Term Outcomes of Patients Undergoing the Ross Procedure. J Am Coll Cardiol. 2021 Mar 23;77(11):1412-1422. doi: 10.1016/j.jacc.2021.01.034.