Brückenbau zwischen den Kulturen

Anna-Sophie Schrott leitet neues Inklusionsmanagement an den Kliniken Südostbayern

Traunstein – Seit vielen Jahren stellt der Fachkräftemangel das deutsche Gesundheitswesen vor zunehmende Herausforderungen. Die Kliniken Südostbayern begegnen diesem schon seit Jahren mit der Förderung des eigenen Nachwuchses und sind sogar eine der größten Ausbildungsstätten der Region: Aktuell durchlaufen rund 350 Azubis ihre Ausbildung in verschiedensten Berufszweigen. Auch wenn die Pflegeschulen in Traunstein und Bad Reichenhall somit konstant für zukünftige Pflegefachkräfte sorgen, gibt es dennoch unbesetzte Stellen. Wie überall hierzulande, begegnen auch die Kliniken Südostbayern dieser Situation unter anderem mit dem verstärkten Einsatz von Fachkräften aus dem Ausland. Mit dem Schlagen von Brücken zwischen neuen und etablierten Mitarbeitenden will Anna-Sophie Schrott, Leiterin der neuen Stabsstelle Inklusion für ausländische Mitarbeiter, allen Beteiligten die Zusammenarbeit erleichtern. Davon profitieren auch die Patienten.

„Sobald neue Mitarbeitende eingearbeitet sind und eigenständig arbeiten, bedeuten sie für das gesamte Team eine Entlastung“, sagt Anna-Sophie Schrott. In diesen Tagen ist sie viel unterwegs auf den Stationen des Klinikums Traunstein, stellt sich und ihre Arbeit vor, bereitet die Mitarbeitenden auf eine neue Situation vor: Ab Mitte September werden im Klinikum 16 Pflegefachkräfte von den Philippinen ihre Arbeit aufnehmen. „Ausländische Arbeitskräfte gehören in der Pflege schon seit Jahrzehnten zum beruflichen Alltag, neu ist, dass sie nun in größerer Zahl kommen, weil deutsche Kliniken sie brauchen, um keine Stationen schließen und in der Folge Patienten abweisen zu müssen“, erklärt die Trostbergerin. Sie weiß, wovon sie spricht. Die 31-Jährige ist examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, sie hat parallel zu ihrer Ausbildung am Klinikum Dritter Orden in München ein Pflege-Studium an der Katholischen Stiftungshochschule München absolviert, nach dem Bachelorabschluss zog sie die Neugier auf fremde Länder und andere Kulturen jedoch erst einmal nach Mittelamerika. „Ich wollte mich danach noch eingehender mit dem Thema Gesundheit auseinandersetzen und habe dann an der Hochschule Fulda ein Masterstudium in Public Health absolviert und parallel als Springerin im örtlichen Krankenhaus gearbeitet“, so Anna-Sophie Schrott.

Auch während dieses Studiums wollte sie über den Tellerrand schauen, die Auslandssemester in Kolumbien und Dänemark boten dafür optimale Möglichkeiten. Nach dem Studium folgten ehrenamtliche Einsätze in Guatemala und Mexico, ein Jahr stand hier Schrotts intensiv erwachtes Interesse am Thema „Menschenrecht auf Gesundheit“ im Fokus ihrer Arbeit. Zurück im heimischen Trostberg fiel der jungen Frau die Stellenausschreibung der Kliniken Südostbayern für das neue Aufgabengebiet einer Inklusionsbeauftragten auf. Dies passte nicht nur wegen Anna-Sophie Schrotts Ausbildungen gut. „Ich denke, ich kann mich gut in die Lage derer versetzen, für die in einem anderen Land erst mal alles neu ist, die nicht wissen, wie im Alltag alles funktioniert, wie zum Beispiel der Öffentliche Personennahverkehr aufgebaut ist“, sagt sie. Deswegen bereitet die neue Inklusionsbeauftragte die Ankunft der dreizehn Frauen und drei Männer von den Philippinnen systematisch vor. Schon jetzt hat sie via E-Mail regen Kontakt mit den berufserfahrenen Pflegefachkräften. Ihnen werden zum Start zwei Kolleginnen von Schrott bei Behördengängen und der sich schon jetzt herausfordernd zeigenden Wohnungssuche zur Seite stehen. Vorerst können die neuen Mitarbeitenden glücklicherweise Zimmer im Wohnheim neben dem Klinikum beziehen. Auch für Ende des Jahres erwartete weitere Pflegefachkräfte von den Philippinen für die Kreisklinik Bad Reichenhall müssen Wohnraumlösungen gefunden werden und natürlich hat Anna-Sophie Schrott immer ein Ohr für die bereits im Klinikverbund tätigen Mitarbeitenden aus anderen Ländern wie etwa den Balkanstaaten.

Fragen wie die nach Wohnraum treiben die Frauen und Männer in ihren 30ern um. Sie haben auf den Philippinnen schon gut Deutsch gelernt und werden auch nach ihrer Ankunft in Traunstein weitere Deutschkurse absolvieren. Damit ihre ganzheitliche Integration – am Arbeitsplatz sowie sozial und kulturell – gelingt, kann sich Anna-Sophie Schrott gut Patenschaften von Landkreisbürgern für die jungen Menschen aus Südostasien vorstellen. So wie diese mit den Gepflogenheiten hierzulande vertraut gemacht werden, bringt Schrott auch den etablierten Pflegefachkräften an den Kliniken Südostbayern die Mentalität ihrer neuen Kolleginnen und Kollegen näher. „Es kann zum Beispiel sein, dass die neuen Mitarbeitenden sehr sparsam mit Pflegemitteln umgehen, weil sie nicht gewohnt sind, dass sie in so ausreichender Menge wie hier bei uns zur Verfügung stehen“, erklärt sie. Die neuen Fachkräfte wiederum wird in den ersten Wochen ihrer Arbeit auf den Stationen eine eigens dafür ausgebildete Einarbeitungspflegekraft begleiten. Umfangreiche Aufklärung über das Leben hierzulande gibt es auch schon vor der Ankunft und natürlich ist das Inklusionsteam auch später immer für Fragen offen.

„Ich habe schon in München mit Pflegefachkräften von den Philippinen zusammengearbeitet und sie als einfühlsam, empathisch und engagiert erlebt“, berichtet Schrott von ihren Erfahrungen. Sie wirbt beim eingesessenen Personal um Verständnis für die neue Situation, nimmt Ängste vor nachteiligen Veränderungen und Befürchtungen vor Mehrbelastung im nicht zuletzt des wachsenden Personalmangels und der Pandemie wegen ohnehin schon eng getakteten Arbeitsalltag der Pflegekräfte. So wie sie den Neuankömmlingen schon jetzt signalisieren möchte:„Ihr seid uns wichtig, wir kümmern uns um Euch und möchten, dass Ihr Euch bei uns wohlfühlt“, so vertraut Anna-Sophie Schrott darauf, dass das etablierte Klinikpersonal nach einem erfolgreichen Prozess des Zusammenwachsens die Philippinerinnen und Philippiner wie alle künftigen Arbeitskräfte, woher auch immer sie kommen, als Bereicherung empfinden wird. „Wir können alle voneinander lernen“, auch das hat die Trostbergerin bei ihren Auslandseinsätzen immer wieder erlebt und genossen.