Yap1 fördert die Neubildung von Nervenzellen und möglicherweise auch die Tumorbildung im Gehirn

(Mainz, 05. Juni 2023, nh/vw) Wissenschaftler:innen des Instituts für Physiologische Chemie der Universitätsmedizin Mainz haben ein Schlüsselprotein bei der Neubildung von Nervenzellen im erwachsenen Gehirn identifiziert: das Protein Yap1. Sie fanden heraus, dass Yap1 dabei möglicherweise eine Doppelrolle hat. Es aktiviert einerseits die Bildung von neuen Nervenzellen. Bei einer Überaktivierung könnte es andererseits dazu beitragen, dass Stammzellen im Gehirn sich zu Krebszellen entwickeln. Diese ersten vorklinischen Erkenntnisse der Mainzer Forschenden bieten einen Ansatz, um aufzuklären, wie Tumore im Gehirn entstehen. Darüber hinaus könnten sie die Grundlage für Maßnahmen bieten, die der im Alter abnehmenden Erneuerung von Nervenzellen im Gehirn entgegenwirken. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift The EMBO Journal veröffentlicht.

Die Neurogenese ist ein Prozess, bei dem neue Nervenzellen im Gehirn gebildet werden. Dabei teilen sich sogenannte neurale Stammzellen, die sich zu Nervenzellen weiterentwickeln können. Der Prozess findet vor allem in der embryonalen Entwicklung statt. Im Erwachsenenalter befinden sich die meisten Stammzellen dagegen im Ruhezustand. Nur gelegentlich werden sie aktiviert und beginnen sich zu teilen, um neue Nervenzellen zu bilden. Welche Mechanismen diese Aktivierung beeinflussen, ist noch nicht vollständig geklärt.

„Wir konnten erstmals zeigen, dass das Protein Yap1 maßgeblich an der Aktivierung neuraler Stammzellen beteiligt ist. Unsere Erkenntnisse können es ermöglichen, neuartige Wege zu finden, um die Neurogenese zu stimulieren. Dadurch könnte die Gedächtnis- und Lernfähigkeit des Gehirns im Alter aufrechterhalten werden“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Benedikt Berninger, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Physiologische Chemie der Universitätsmedizin Mainz.

In ersten vorklinischen Untersuchungen haben die Mainzer Forschenden gemeinsam mit Wissenschaftler:innen vom King’s College London sowie von der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen gezeigt, dass neurale Stammzellen mehr Yap1 herstellen als alle anderen Zellen. Die Inaktivierung von Yap1 führte dazu, dass auch zunehmend weniger Stammzellen aktiviert wurden. Durch die Aktivierung von Yap1 wurden dagegen die inaktiven Stammzellen stimuliert, sich zu teilen und neue Nervenzellen zu bilden.

Bei einer Überaktivierung von Yap1 wurden allerdings vermehrt Proteine gebildet, die mit dem sogenannten Glioblastom in Verbindung gebracht werden. Dabei handelt es sich um eine Hirntumorart, die schnell wächst und sehr aggressiv ist. „Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass das Protein Yap1 ein Janusgesicht hat: Neben seiner wichtigen Rolle bei der Regulation der Neubildung von Nervenzellen hat es das Potenzial, neurale Stammzellen in Krebszellen zu umzuwandeln“, sagt Professor Berninger. Und ergänzt: „Um nur die positiven Effekte von Yap1 zu erhalten, müssten wir die Aktivität des Proteins genauestens kontrollieren. Dafür könnte zum Beispiel ein hemmender Wirkstoff verwendet werden. Die Herausforderung jedoch ist, dass die Hemmung gezielt in bestimmten Stammzellen des Gehirns erfolgt und nicht in anderen Zellen des Körpers, wo Yap1 ebenfalls vorkommt. Dafür ist es notwendig, die komplexen Prozesse rund um Yap1 noch tiefergehender zu verstehen.“

Originalpublikation:

W. Fan, J. Jurado-Arjona, G. Alanis-Lobato, S. Péron, C. Berger, M.A. Andrade-Navarro, S. Falk, B. Berninger; The transcriptional co‐activator Yap1 promotes adult hippocampal neural stem cell activation. The EMBO journal, 2023, S. e110384.

DOI: doi.org/10.15252/embj.2021110384

 

Forschende der Universitätsmedizin Mainz haben ein neues Schlüsselprotein identifiziert, das die Nervenzellbildung im Gehirn reguliert. Das Bild zeigt einen Querschnitt durch die Region des Hippocampus im Gehirn, die neurale Stammzellen (weiß) beherbergt. Das Protein Yap1 aktiviert die Stammzellen zur Zellteilung (rot).

Bildquelle: © Universitätsmedizin Mainz / Dr. Wenqian Fan

 

Kontakt

Univ.-Prof. Dr. Benedikt Berninger, Institut für Physiologische Chemie,

Universitätsmedizin Mainz,

 

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