Klinikum Karlsruhe blickt auf zehn Jahre muslimisch-seelsorgerische Tätigkeit zurück und eröffnet zum Jubiläum einen neuen Rückzugsraum für Gebete, Gespräche und zum Innehalten

Seit nunmehr zehn Jahren sind am Städtischen Klinikum Karlsruhe neben den evangelischen und katholischen Seelsorgern auch muslimische Seelsorger aktiv. Pünktlich zum Jubiläum konnte jetzt in Haus D ein eigens eingerichteter neuer Gebetsraum übergeben werden, in den sich Patienten, Angehörige aber auch Mitarbeitende zum Gebet, zum Gespräch oder zum Innehalten zurückziehen können.

„Muslimische Patienten wünschen sich Ansprechpartner, die ihre Religion teilen und mit ihrem kulturellen Hintergrund vertraut sind”, erklärt Ingeborg Schmitt-Hiba, die als ausgebildete muslimische Seelsorgerin für Krankenhausseelsorge und Psychiatrie im Klinikum tätig ist. „Weil hier viele Menschen islamischen Glaubens behandelt werden, haben wir als Muslimische Seelsorge am Klinikum als Teil des Dachverbands islamischer Vereine in Karlsruhe und Umgebung e.V. im November 2012 unsere seelsorgerische Arbeit aufgenommen.” Diese wird seither rege in Anspruch genommen von Menschen, die ihre Wurzeln in ganz unterschiedlichen Ländern haben.

„Durch einen Krankenhausaufenthalt werden diese aus ihrem gewohnten Umfeld herausgenommen”, ergänzt Pflegedirektorin Elvira Schneider, die im Klinikum organisatorisch für die Seelsorger zuständig ist „Durch Gespräche, Gebete oder auch die Begleitung am Lebensende stehen die Seelsorger den Patienten und Angehörigen in dieser oft schweren Zeit zur Seite.”

Dabei hat die Seelsorge zwei Schwerpunkte. Einer davon sind regelmäßige Besuche auf den Stationen. „Insbesondere zu den islamischen Feiertagen kommen wir auf die Kinderstationen und beschenken die jungen Patienten mit Kleinigkeiten”, beschreibt Mesut Palanci, Seelsorger und Sprecher des Dachverbands islamischer Vereine in Karlsruhe und Umgebung, der gemeinsam mit Schmitt-Hiba als Vertreterin der Muslimischen Seelsorge Baden-Württemberg im Klinikum aktiv ist. Daneben unterstützen die Seelsorger die Patienten, Angehörigen und Mitarbeitenden bei Problemen. „Die Muslime kommen aus sehr verschiedenen Kulturkreisen und daher ist es sehr wichtig, dass man die Sprache und die Mentalität der Menschen versteht”, betont Palanci. „Erst dadurch kann man zu den Menschen durchdringen und ihnen helfen.”

Seine Motivation zieht Palanci aus den Worten des Propheten Mohammed: „Der Beste unter den Menschen ist derjenige, der seinen Mitmenschen am nützlichsten ist.” Das versteht der Seelsorger als direkten Aufruf, gesellschaftliche und soziale Verantwortung zu übernehmen.

Der Start vor zehn Jahren diente auch dazu, verlässliche Strukturen zu schaffen. Seither sind die Seelsorger telefonisch zu erreichen. „Obwohl wir unser Angebot wegen Corona etwas einschränken mussten, hat sich die muslimische Seelsorge seither inhaltlich und personell weiterentwickelt”, betont Schmitt-Hiba. „Die Zusammenarbeit zwischen der Muslimische Seelsorge Baden-Württemberg, dem Dachverband islamischer Vereine, den christlichen Seelsorgern und der Klinikleitung ist über die Jahre immer enger geworden.”

Dass zum Jubiläum auch der neue Gebetsraum eröffnet werden konnte, freut die Vertreter der Seelsorge sehr. Er kommt zu den bestehenden Abschiedsräumen im Klinikum hinzu, die die christlichen und die muslimischen Seelsorger für Gespräche oder die Verabschiedung am Lebensende nutzen. „Jetzt haben wir einen Raum, der für die Gebete perfekt in Richtung Mekka ausgerichtet ist”, sagt Palanci, der im Namen aller muslimischen Seelsorger an der Gestaltung des Raumes beteiligt war. „Dank einer Zwischenwand bleiben die Betenden, zu denen auch viele Beschäftigte des Klinikums gehören, ungestört.” Im Eingangsbereich des Raumes liegen Gebetsteppiche, weitere Utensilien für das Gebet und einige Bücher bereit. Der Raum steht allen Patienten, Angehörigen und Mitarbeitenden immer offen.

Zur Eröffnung hatten die Beschäftigten des Klinikums die Möglichkeit, den neuen Gebetsraum kennenzulernen. „Die Mitarbeitenden auf Station sind oft diejenigen, die den Kontakt zwischen Patienten und Seelsorgern herstellen”, hebt Pflegedirektorin Schneider hervor. „Deshalb ist es sehr wichtig, dass sie das Angebot und die Räumlichkeiten der Seelsorge der verschiedenen Religionen kennen.”

Die Muslimische Seelsorge Baden-Württemberg ist ein unabhängiger, verbandsübergreifender Verein, dessen Schwerpunkt auf der seelsorgerlichen Versorgung der muslimischen Mitmenschen liegt und der durch das Land Baden-Württemberg gefördert wird.

Der Dachverband islamischer Vereine in Karlsruhe und Umgebung bündelt die Anliegen der muslimischen Gemeinden in Karlsruhe. Er übernimmt auch in anderen Kliniken die Seelsorge, stellt eine Notfallseelsorgerin und unterstützt bei Todesfällen von der Waschung des Verstorbenen über das Totengebet bis hin zur Vermittlung von Bestattern und zum Begräbnis nach muslimischen Ritus.