Verschlucken ist nicht immer harmlos!

Nach einem akuten Schlaganfall klagen mehr als die Hälfte der Schlaganfallpatienten über Probleme beim Schlucken, die so genannte Dysphagie. Hier kann eine FEES-Untersuchung Therapieansätze liefern.
„Bei einer Dysphagie ist der Schluckvorgang beeinträchtigt”, sagt Ibram Abdalla, Oberarzt der Klinik für Neurologie. „Es besteht die Gefahr, dass Flüssigkeiten und Speisen durch die Luftröhre in die Lunge geraten und dadurch eine Lungenentzündung entsteht. Das kann zu schweren Lungenschäden sowie im schlimmsten Fall zum Tod führen”, erklärt der Neurologe.
Die Klinik für Neurologie, unter der Leitung von Chefarzt Frank Maier, ist spezialisiert auf die Behandlung akuter Schlaganfälle und anderer neurovaskulärer Erkrankungen. Auf der zertifizierten Schlaganfallspezialstation, der Stroke Unit, betreut ein speziell ausgebildetes fachübergreifendes Team jährlich rund 500 Patienten nach einem akuten Schlaganfall. Zur Früherkennung einer Aspiration –  bei der Speichel oder Nahrungsbestandteile in die Luftröhre oder sogar in die Lunge eindringen – wird bei den stationären Patienten bei entsprechendem Verdacht die flexible endoskopische Evaluation des Schluckakts (FEES) durchgeführt.
Willi Müller ist Patient auf der Stroke Unit. Auch bei ihm ist nach einem Schlaganfall der Schluckakt geschädigt. Dies wurde durch einen Schluckreflextest festgestellt, der direkt bei der Aufnahme durchgeführt wurde und erste Anzeichen für eine Schluckstörung zeigte. Die Logopädin Celine Geyer wurde direkt hinzugezogen und hat gleich die gemeinsame FEES-Untersuchung mit Ibram Abdalla terminiert.

Jetzt ist es soweit und die FEES-Untersuchung bei Willi Müller steht an. Ibram Abdalla erklärt das Vorgehen: „Zuerst wird die Nasenschleimhaut lokal betäubt. Sobald das Medikament wirkt beginnen wir mit der Untersuchung.”
Hierbei wird ein sehr dünnes flexibles Kunststoff-Endoskop durch ein Nasenloch in den Rachenraum eingeführt. Durch die im Endoskop enthaltene Optik sieht das Untersuchungsteam das Gaumensegel, die hintere Zunge, den Kehldeckel, den unteren Rachenbereich sowie den Kehlkopfeingang. Der sichtbare Bereich wird beobachtet und beurteilt, danach wird eine sogenannte Funktionsprüfung durchgeführt. „Wir benötigen jetzt ihre Unterstützung”, sagt Ibram Abdalla zu Willi Müller. „Bitte sagen Sie ‚Kuckuck’. Sehr gut. Jetzt bitte ‚Hi-Hi-Hi’ sagen.”

Oberarzt Abdalla hat die Zusatzqualifikation FEES-Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und führt die FEES-Diagnostik durch. Zur FEES-Ausbildung gehören theoretische Grundlagen, die Abdalla in Bad Homburg erworben hat, sowie das praktische Erlernen dieser speziellen Untersuchungstechnik; dafür sammelte er sechs Monate Erfahrung bei einem akkreditierten FEES-Ausbilder in einer Spezialklinik am Bodensee.

„Die FEES-Diagnostik ist immer Teamarbeit, ich arbeite dabei sehr eng mit unseren Logopäden zusammen”, sagt Ibram Abdalla. Celine Geyer, gehört zum Team der ‚Schluckexperten’ und erklärt: „Mithilfe einer FEES-Untersuchung untersuchen wir den Schluckvorgang und können so feststellen, ob beispielsweise Nahrung in die Luftröhre gelangt.”
Celine Geyer hat vor der Untersuchung Apfelmus, Wasser sowie Bananenstücke und Butterbrothäppchen mit blauer Lebensmittelfarbe präpariert. „Herr Müller, ich reiche ihnen jetzt einen kleinen Löffel mit Apfelmus”, sagt die Logopädin. „Bitte schlucken Sie jetzt.” Nach und nach wird Herr Müller aufgefordert Wasser zu trinken oder ein Stück Banane oder Brot zu essen. Jeder Schluckvorgang wird genau am großen Bildschirm beobachtet. Arzt und Logopädin können so erkennen woher die Schluckprobleme kommen.

„Je fester die Nahrung, desto schwerer ist es für Herrn Müller, diese zu schlucken”, so Geyer. „Es bleiben in der Fachsprache Residuen in der Valleculla übrig, die er dann mit Hilfe von Wasser sozusagen ‚wegspülen’ kann. Das nennt man ‚clearing effect’.” Die Logopädin erklärt weiter: „Es gibt auch Patienten, bei denen genau das Gegenteil der Fall ist und sie verschlucken sich am eigenen Speichel oder an einem Schluck Wasser.”

Die Untersuchung dauert etwa zwanzig Minuten und danach weiß das Team, wo das Problem liegt: „Bei Ihnen ist die Sensibilität im Rachenbereich vermindert und außerdem haben Sie eine Lähmung der rechten Rachenwand, hier entsteht eine Wahrnehmungsstörung der Nahrung. Es bleiben Nahrungsreste vom Essen am Eingang zur Luftröhre hängen”, erklärt der Neurologe dem Patienten. „Wir werden anhand des Befunds ihre Nahrungskost anpassen.”
Durch die Untersuchung weiß Celine Geyer außerdem, wie sie Herrn Müller schlucktherapeutisch behandeln kann um seine Beschwerden zu verbessern und um eine Aspiration zu vermeiden.

„FEES ist in der Frührehabilitation eine gängige Untersuchungsmethode, doch nur in wenigen Akutkliniken wird diese Schluckuntersuchung durchgeführt”, so Abdalla. „Unser Ziel ist es, bei unseren Patienten frühzeitig mit einer entsprechenden Therapie zu beginnen”, sagt Abdalla. „Im Juli fängt eine weitere Kollegin mit der FEES-Ausbildung an und verstärkt dann unser Schluckdiagnostisches-Team”, freut sich Abdalla.

Nach der FEES-Untersuchung wurde mit Willi Müller ausführlich über die Ergebnisse und die weiteren Maßnahmen gesprochen. Jetzt weiß er, was er selbst tun kann um ein Verschlucken zu vermeiden.

Susanne Faas

Betriebswirtin

Direktionsassistentin

Kaufmännische Direktion

 CaritasKlinikum Saarbrücken

 

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