Projekt der RKH Kliniken des Landkreises Karlsruhe gewinnt Sonderpreis für Umwelt und Nachhaltigkeit
Das Projekt „CO2-Fußabdruck der Anästhesiologie“ wurde im Rahmen des QuMiK-Qualitätspreises prämiert
Das Projekt „CO2-Fußabdruck der Anästhesiologie“ wurde im Rahmen des QuMiK Qualitätspreises 2021 prämiert und mit dem erstmalig ausgelobten Sonderpreis für „Umwelt & Nachhaltigkeit“ ausgezeichnet. Die Prämierung fand am 22. Juli 2021 im Rahmen der QuMiK Jahresveranstaltung in Markgröningen statt. Der QuMiK Qualitätspreis wurde erstmals 2012 verliehen. Der Preis verfolgt das Ziel, innovative Verbesserungsprojekte in Kliniken wechselseitig im QuMiK-Verbund bekannt zu machen. Die innovativsten Projekte werden ausgezeichnet und der Öffentlichkeit vorgestellt. Bisher haben fünf Preisverleihungen stattgefunden.
Der Gesundheitssektor ist ein relevanter Mitverursacher des Klimawandels. Etwa fünf bis zehn Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes in Industrieländern kommen aus dem Gesundheitssektor. Ein großer Teil davon stammt von den Krankenhäusern. In der Anästhesiologie kommt der Nutzung von Narkosemitteln, die über einen Verdampfer dem Patienten verabreicht bzw. von ihm inhaliert werden, eine besondere Bedeutung zu. Diese in der Fachsprache als „volatile Anästhetika“ bezeichneten Narkosemittel haben eine erhebliche treibhauswirksame Potenz. Insbesondere das Narkosemittel Desfluran ist mit einem mehr als 2.500-fach größeren Treibhauseffekt sehr CO2 problematisch. Demgegenüber hat das Narkosemittel Sevofluran nur einen 130-fachen CO2-Effekt. Bis einschließlich 2017 wurden in der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie der RKH Fürst-Stirum-Klinik Bruchsal und der RKH Rechbergklinik Bretten die beiden Narkosemittel gleichwertig verwendet. Seit 2018 wird aus Gründen des Klimaschutzes die Verwendung von Desfluran auf einzelne Situationen begrenzt, in denen dies medizinisch dringend erforderlich ist.
Primäre Zielsetzung des Projekts „CO2-Fußabdruck Anästhesioliogie“ war das Erstellen einer Berechnungs-Matrix für den CO2-Fußabdruck einer anästhesiologischen Abteilung, die auch von anderen Krankenhäusern angewendet werden kann. Die Matrix beinhaltet drei Bereiche, welche von den Mitarbeitern beeinflussbar sind. Der erste Bereich ist die jährliche CO2-Emission durch die Verwendung von Inhalations-Narkosemitteln. Der zweite Bereich sind die CO2-Emissionen durch die Verwendung von Einmalartikeln, Verpackungen und Behältnissen von Flüssigkeiten und Medikamenten. Der dritte Bereich sind die CO2-Emissionen durch den Treibstoffverbrauch auf dem Arbeitsweg der Mitarbeiter. Sie wurden auf Basis der Jahresdienstpläne und der jeweiligen Entfernung des Wohnortes zum Arbeitsplatz pro Mitarbeiter des ärztlichen und Fachkrankenpflegepersonals ermittelt.
Durch die Einschränkung der Verwendung des Narkosemittels Desfluran konnte eine erhebliche Reduktion des CO2-Fußabdrucks der Anästhesie-Abteilung erreicht werden. Betrugen die Gesamtemissionen der Klinik 2017 noch 399,7 Tonnen CO2-Äquivalent, waren es 2018 hingegen nur noch 126,4 Tonnen. Damit sank der Anteil der Inhalations-Narkosemittel an den Gesamtemissionen von 77% im Jahr 2017 auf nur noch 28,4% im Jahr 2018. Aufbauend auf diesen positiven Ergebnissen erfolgte inzwischen ist eine Umstellung innerhalb aller RKH Kliniken. Die beiden anderen Bereiche mit der Verwendung von Materialien und der Fahrt zum Arbeitsplatz werden über einen längeren Zeitraum bearbeitet und bewertet.
Weltweit wird der Klimawandel in den nächsten Jahrzehnten die Gesundheitssysteme vor größte Herausforderungen stellen. Zugleich ist der Gesundheitssektor selbst ein erheblicher Emittent von Treibhausgasen. Ärzte, Pflegende und andere Mitarbeitende im Gesundheitssektor stehen in einer besonderen Verantwortung, diese zu erwartenden Folgen abzumildern. Als hochtechnisierte, ressourcenintensive Bereiche sind die Anästhesiologie und die operativen Bereiche in erheblichem Maße an den Emissionen des Gesundheitssystems beteiligt. Diesen Fußabdruck zu reduzieren, um eine langfristige Gesundheitsversorgung hoher Qualität zu gewährleisten, muss höchste Priorität haben.