Pressemitteilung
Markus Bien
Pressestelle / Unternehmenskommunikation
Web: www.uniklinikum-leipzig.de

vom 5. Mai 2021

Unbehandelt meist tödlicher Krankheitsverlauf

Hoffnung auf Leben trotz Spinaler Muskelatrophie: Wenige Wochen alter Säugling erfolgreich mit Gentherapie „Zolgensma“ behandelt

Erste Erfolge sichtbar: Mädchen kann Arme und Beine heben, besser trinken und schreien

Leipzig. Ein nur einige Wochen alter Säugling aus Sachsen ist kurz vor den Osterfeiertagen am Universitätsklinikum Leipzig (UKL) mit dem Medikament “Zolgensma” behandelt worden. Das Mädchen leidet an Spinaler Muskelatrophie (SMA). Die Krankheit ist selten und führt bei der hier vorliegenden frühen Form unbehandelt meist innerhalb weniger Monate zum Tod. Ursache ist ein Gendefekt.
Die Behandlung ist nach Auskunft der behandelnden Ärzte am UKL nicht ohne Risiko. Doch nach derzeitigem Stand hat das Mädchen bislang alles gut vertragen. Zur Freude aller Beteiligten verbessern sich bereits einzelne motorische Fähigkeiten, die sich ohne Medikament stetig verschlechtern würden.

 

Dank der Gentherapie „Zolgensma“ wird das kleine Mädchen, das an einer schweren Form einer Seltenen Erkrankung leidet, wohl viele Geburtstage mit seinen Eltern feiern können. Prof. Andreas Merkenschlager, Leiter des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) am UKL, freut sich über bereits sichtbare erste Erfolge.
Foto: Stefan Straube / UKL

Die Spinale Muskelatrophie ist eine Erkrankung bestimmter Nervenzellen im Rückenmark. Diese Nervenzellen leiten Impulse an die Muskulatur weiter, die für die willkürlichen Bewegungen wie Krabbeln, Laufen und Kopfkontrolle zuständig sind. Am UKL haben die Experten viel Erfahrung mit der Behandlung dieser Erkrankung.

Die Gentherapie mittels “Zolgensma” ist in Europa erst seit einem knappen Jahr zugelassen. Nur eine einmalige Gabe ist notwendig. Dabei wird ein Ersatz-Gen für das defekte Gen über einen Vektor infundiert. “Der Vektorstoff, ein Virus, funktioniert dabei wie ein trojanisches Pferd”, erläutert Prof. Andreas Merkenschlager, Leiter des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) und der Abteilung für Neuropädiatrie an der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin des UKL. “Er wird vom Körper akzeptiert und eingelassen und fügt das intakte Ersatz-Gen an.”

Dies geschieht jedoch nicht ohne Risiken. So erzeugt das Virus im Körper fast unausweichlich infektionsartige Symptome. “Aber deren Ausprägung kann sehr verschieden sein”, betont Prof. Merkenschlager. Bei nur leichter Ausprägung sind die Veränderungen meist nur im Labor erkennbar, zum Beispiel über die Leberwerte oder das Blutbild. In schweren Fällen tritt hingegen Fieber auf oder es können Veränderungen an Gefäßen entstehen, zum Beispiel kleine Gefäßverschlüsse. “Deshalb überwachen wir unsere kleine Patientin in den Tagen nach der Gabe des Medikaments sehr genau”, so der Kinderarzt.

 

Es gebe hoffnungsvolle Zeichen bei dem zum Zeitpunkt der Gabe des Medikaments acht Wochen alten Säuglings, erklärt Merkenschlager: “Die Bewegungsfähigkeit verschlechtert sich nicht mehr, das ist schließlich das Kernsymptom dieser Krankheit. Die Kleine kann ihre Arme und Beine bereits besser nach oben bewegen”, freut er sich. Auch ihr Schreien und das Trinken seien kräftiger geworden.

“Mit diesem Medikament haben wir ein neues Werkzeug, um Kinder vor dem sicheren Tod zu schützen und Verbesserungen zu erzielen”, erklärt der UKL-Experte. Besonders erfreulich sei die Tatsache, dass bereits nach so kurzer Zeit erst Erfolge zu sehen seien. “Damit überwiegt bei uns der Eindruck, dass das Überleben des kleinen Mädchens langfristig gewährleistet ist.”
Ohne die Anwendung von “Zolgensma” versterben Patienten, die an dieser frühen Form der Spinalen Muskelatrophie leiden, in der Regel im ersten oder zweiten Lebensjahr.

 

Nach Ostern durften die Eltern ihre Tochter mit nach Hause nehmen. Am UKL bleibt sie langfristig in Behandlung: “Wir werden das Mädchen über unser Sozialpädiatrisches Zentrum interdisziplinär bis zu ihrem 18. Geburtstag betreuen und ihre Entwicklung überwachen”, erklärten Prof. Andreas Merkenschlager und Dr. Janina Gburek, Oberärztin des SPZ am UKL.

 

 

 

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Dank der Gentherapie „Zolgensma“ wird das kleine Mädchen, das an einer schweren Form einer Seltenen Erkrankung leidet, wohl viele Geburtstage mit seinen Eltern feiern können. Prof. Andreas Merkenschlager, Leiter des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) am UKL, freut sich über bereits sichtbare erste Erfolge., Foto: Stefan Straube / UKL
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Universitätsklinikum Leipzig

Das Universitätsklinikum Leipzig (UKL) blickt gemeinsam mit der Medizinischen Fakultät als zweitälteste deutsche Universitätsmedizin auf eine reiche Tradition zurück. Heute verfügt das Klinikum mit 1450 Betten über eine der modernsten baulichen und technischen Infrastrukturen in Europa. Zusammen mit der Medizinischen Fakultät ist es mit über 6000 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber der Stadt Leipzig und der Region. Jährlich werden hier über 400.000 stationäre und ambulante Patienten auf höchstem medizinischen Niveau behandelt. Diese profitieren von der innovativen Forschungskraft der Wissenschaftler, indem hier neueste Erkenntnisse aus der Medizinforschung schnell und gesichert in die medizinische Praxis überführt werden.