PRESSEMITTEILUNG

 

Corona: Rückfall bei Essstörungen

Tübinger Studie untersucht Essverhalten in der Pandemie

Die Corona-Pandemie birgt für Menschen mit einer Essstörung ein großes Risiko, einen Krankheitsrückfall zu erleiden. Das belegt eine neue Studie der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Tübingen. Die Ergebnisse der Studie mit dem Titel „Eating behaviour and symptom trajectories in patients with a history of binge eating disorder during COVID‐19 pandemic“ sind aktuell in der Fachzeitschrift European Eating Disorders Review publiziert und beziehen sich auf Daten aus dem ersten Lockdown in Deutschland.

Der Ausbruch des neuartigen Coronavirus hat nicht nur zu erheblichen Einschränkungen im wirtschaftlichen und öffentlichen Leben geführt, sondern auch im privaten. Dabei haben die neuen Lebensumstände einen großen Einfluss auf die psychische Gesundheit. So zeigen Daten einen Anstieg der psychischen Belastung in der Allgemeinbevölkerung schon kurz nach Pandemie-Ausbruch. Um mit dem emotionalen und psychischen Stress umzugehen, greifen viele Menschen zum Essen. Menschen, die an einer Essstörung wie Binge-Eating leiden oder litten, zählen daher zu einer besonders vulnerablen Gruppe, die ungesunde Bewältigungsstrategien gegen den Stress entwickelt.

Um herauszufinden, ob und wie sehr sich die Pandemie auf Personen, die in der Vergangenheit an einer Essstörung wie Binge-Eating litten, auswirkt, hat die Arbeitsgruppe um Professorin Dr. Katrin Giel eine Studie durchgeführt. Mithilfe Interviews und Selbstberichten der Teilnehmenden wurden unter anderem die Häufigkeit von Essanfällen, Stress und psychischem Leidensdruck während der Pandemie klinisch bewertet. Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer hatten schon zuvor bei IMPULS, einer Behandlungsstudie bei Essanfällen, mitgemacht.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass mit Beginn der Corona-Pandemie die Häufigkeit von Essanfällen, depressive Symptome und allgemeine Krankheitssymptome von Essstörungen deutlich zugenommen haben. Bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern konnte im Vergleich zu unmittelbar vor dem Ausbruch von Covid-19 während der ersten vier Wochen des Lockdowns ein signifikanter Anstieg von Essanfall-Episoden festgestellt werden. Auch zeigten die Befragungen, dass depressive Symptome als so schwer empfunden wurden wie bei Eintritt in die Behandlungsstudie IMPULS vor drei Jahren.

So besteht für Personen, die in der Vergangenheit an einer Essstörung litten, nicht nur das Risiko für eine Symptomverschlechterung, sondern auch für einen Rückfall. Für Betroffene, so sprechen sich die Expertinnen und Experten der Studie aus, sind Interventions- und Versorgungsstrategien nötig, um sie bestmöglich während der Pandemie zu unterstützen. Dies ist besonders wichtig für Patientinnen und Patienten, die an einer Binge-Eating-Störung leiden, da Adipositas als einer der Risikofaktoren für schwere Verläufe von Covid-19 gilt.

Titel der Originalpublikation:

Eating behaviour and symptom trajectories in patients with a history of binge eating disorder during COVID‐19 pandemic; https://doi.org/10.1002/erv.2837

 

 

 

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Bildunterschrift:

Die Binge Eating-Störung ist eine Essstörung, die erst seit einigen Jahren als offizielle Diagnose gestellt werden kann, gleichzeitig aber die häufigste Essstörung in der Allgemeinbevölkerung darstellt. Betroffene leiden unter regelmäßigen Essanfällen und in Folge häufig unter Übergewicht und Adipositas.

 

Foto: UConn Rudd Center for Food Policy & Obesity