Dr. Corinna Klingler und Dr. Katharina Fürholzer ausgezeichnet für ihre Beiträge zu informierter Einwilligung und postmortaler Menschenwürde. Der AEM-Nachwuchspreis ist mit 2.500 Euro dotiert.

Presseinformation 125 zum Thema "Nachwuchspreis 2023 der Akademie für Ethik in der Medizin geht an zwei Autorinnen"

(v. l.) Prof. Dr. Dr. Eva Winkler, Vizepräsident der Akademie für Ethik in der Medizin, übergibt die Preise an Dr. Corinna Klingler und Dr. Katharina Fürholzer. Foto: Tobias Weidner

 

(umg) Die Akademie für Ethik in der Medizin (AEM) an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) hat ihren diesjährigen Nachwuchspreis 2023 an Dr. Corinna Klingler (Universität Potsdam) und Dr. Katharina Fürholzer (Universität Rostock) verliehen. Die Beiträge der Autorinnen „Five coffin nails to informed consent. An autoethnography of battling complications in breastfeeding“ („Fünf Sargnägel für die informierte Zustimmung. Eine Autoethnographie über den Kampf gegen Komplikationen beim Stillen“) und „Postmortale Menschenwürde zwischen Pietät und Professionalität. Plädoyer für eine Schweigeminute im klinischen Alltag“ überzeugten den Vorstand der AEM vor allem aufgrund der sprachlichen Ausarbeitung der Artikel sowie durch die Originalität der Themenbearbeitung. Die Verleihung des AEM-Nachwuchspreises fand anlässlich der Jahrestagung der Akademie für Ethik in der Medizin in Halle an der Saale am 28. September 2023 statt. Der Preis ist mit 2.500 Euro dotiert, die Preisträgerinnen teilen sich den Betrag.

Der Beitrag von Dr. Corinna Klingler: Five coffin nails to informed consent. An autoethnography of battling complications in breastfeeding

Dr. Corinna Klingler benennt und analysiert in ihrem Beitrag „fünf Sargnägel“, die eine gut informierte Entscheidungsfindung mit Patient*innen verhindern. Verdeutlicht wird dies am Beispiel eines moralisch aufgeladenen Themas: nämlich das Stillen, das von einer „guten Mutter“ für mindestens sechs Monate erwartet wird. Dies wird beispielsweise von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen. Originell ist der Aufsatz insbesondere durch die genutzte Methode der Autoethnographie, hierbei handelt es sich um eine Art des akademischen Schreibens, bei der persönliche Erfahrungen (auto) mit kulturellen und sozialen Bedeutungen und Verständnissen (ethno) verbunden und analysiert werden (grafie). Am Beispiel eigener Erfahrungen im Krankenhaus zeigt die Autorin auf, wie relevante Informationen nicht verfügbar waren, vorenthalten oder nicht verstanden wurden und ihr damit keine freie Entscheidung gelassen wurde. Die persönlichen Erfahrungen sind der Ausgangspunkt für eine allgemeine ethische Analyse. Diese bislang nur wenig genutzte Methode ist nicht nur für Fallstudien interessant, in denen ein praxisnahes Problem analysiert und gelöst wird, sondern auch für das sich in Deutschland mit zunehmender Dynamik entwickelnde Feld die Perspektive von Betroffenen zu integrieren, in diesem Fall die Perspektive der stillenden Mütter.

Der Beitrag von Dr. Katharina Fürholzer: Postmortale Menschenwürde zwischen Pietät und Professionalität. Plädoyer für eine Schweigeminute im klinischen Alltag

Der Beitrag von Dr. Katharina Fürholzer ist ein sprachgewaltiges Plädoyer für einen Moment des Innehaltens im lärmenden Klinikalltag, um der Ungeheuerlichkeit des Todes den angemessenen Raum zu geben. Sprachgewaltig in zweierlei Hinsicht – einmal bedient sich die Autorin einem reichen Schatz an verdichteten literarischen Beispielen, was Sprache und das Schweigen, die Totenstille, auslösen und zum anderen ist der Aufsatz selbst wortgewaltig und eine Freude zu lesen. Mit Bezugnahme auf unser Würdeverständnis wird ausgeleuchtet, was wir der*dem Patient*in über den Tod hinaus und aus Fürsorge auch den Angehörigen gegenüber schulden. Zudem stellt die Autorin dar, welche Bedeutung eine solche gemeinsame Schweigeminute für die Mitmenschlichkeit und die Verarbeitung von häufigen Todeserfahrungen für das Behandlungsteam haben kann.

Die Preisträger*innen

Dr. Corinna Klingler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Juniorprofessur für Medizinische Ethik mit Schwerpunkt auf Digitalisierung der Fakultät für Gesundheitswissenschaften Brandenburg der Universität Potsdam.
Dr. Katharina Fürholzer ist wissenschaftliche Koordinatorin des Departments „Altern des Individuums und der Gesellschaft“ der Universität Rostock.

Die Akademie für Ethik in der Medizin ist eine interdisziplinäre und interprofessionelle Fachgesellschaft für Medizinethik mit Sitz der Geschäftsstelle an der Universitätsmedizin Göttingen. Sie fördert den öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurs über ethische Fragen in der Medizin, den Heilberufen und im Gesundheitswesen. Der Nachwuchspreis der AEM ist mit 2.500 Euro dotiert und wird jährlich vergeben. Ausgezeichnet werden wissenschaftliche Arbeiten von Nachwuchswissenschaftler*innen aus dem Gebiet der Ethik in der Medizin.

 

KONTAKT

Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität

Akademie für Ethik in der Medizin e.V. (AEM)

Prof. Dr. Alfred Simon

asimon1(at)gwdg.de

Humboldtallee 36, 37073 Göttingen

www.aem-online.de

BE