MEDIEN-INFORMATION des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden

14. Oktober 2021

Übung macht den Meister: „Hands-on-Training“ von Katheter-Eingriffen bei Schlaganfallpatienten

Verschluss großer Hirngefäße durch Blutgerinnsel lässt sich in 90 Prozent der Fälle erfolgreich beseitigen.

16 Ärztinnen beziehungsweise Ärzte aus ganz Deutschland werden durch Dresdner Neuroradiologie-Team geschult.

„Lazarus-Effekt“ – häufig bilden sich die Lähmungen bereits während der Behandlung zurück.

Am heutigen Donnerstag (14. Oktober) schulen die Expertinnen und Experten des Instituts für diagnostische und interventionelle Neuroradiologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden Ärztinnen beziehungsweise Ärzte aus ganz Deutschland. Sie werden in einem eintägigen Hands-on-Training in die mechanische Thrombektomie eingewiesen. Dieser katheterbasierte Eingriff zur Entfernung von Blutgerinnseln großer Hirngefäße ist seit wenigen Jahren ein zentraler Baustein der Akut-Behandlung des ischämischen Schlaganfalls. Doch der Bedarf, insbesondere den ärztlichen Nachwuchs zu schulen, ist nach wie vor hoch. Mit jährlich rund 300 dieser Eingriffe verfügt die Neuroradiologie des Dresdner Uniklinikums über große Erfahrung und ist neben München einziger Ausrichter der von der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) initiierten Kurse.

„Etwa 85 bis 90 Prozent aller jährlich in Deutschland auftretenden Schlaganfälle werden durch ein Blutgerinnsel – auch Thrombus genannt – verursacht, durch das ein Blutgefäß im Gehirn verschlossen wird“, sagt Prof. Jennifer Linn. „Folge dieser ischämischen Schlaganfälle ist, dass gewisse Bereiche des Gehirns nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt werden. Damit fehlen auch Sauerstoff, Zucker und andere wichtige Nährstoffe, ohne die das Hirngewebe nicht überleben kann“, erklärt die Direktorin des Instituts für diagnostische und interventionelle Neuroradiologie weiter.

Bei der Akutversorgung von Schlaganfällen – in Deutschland sind davon jährlich rund 290.000 Patientinnen beziehungsweise Patienten betroffen – wird nach einer radiologischen Untersuchung des Gehirns versucht, das Gerinnsel mit einem Medikament aufzulösen. Diese „Lyse“ genannte Therapie reicht in bestimmten Fällen nicht aus. Insbesondere bei größeren Hirngefäßen gibt es dann die Option, das Blutgerinnsel mit einem Hirnkatheter zu entfernen. Seit sechs Jahren ist die Wiedereröffnung eines größeren verschlossenen Hirngefäßes mit Hilfe der sogenannten mechanischen Thrombektomie wissenschaftlich nachgewiesener offizieller Standard bei der Behandlung schwerer ischämischer Schlaganfälle. „Dabei schieben spezialisierte Neuro-Radiologen einen Katheter von der Leiste aus bis an die Stelle des Gehirns, an der das Blutgerinnsel eine Arterie blockiert hat“, erklärt PD Dr. Matthias Gawlitza, der den Dresdner Kurs leitet.

Das Institut für diagnostische und interventionelle Neuroradiologie des Dresdner Uniklinikums verfügt über einen großen Erfahrungsschatz bei diesem Eingriff. Bereits bevor die mechanische Thrombektomie offiziell als Standartmethode anerkannt wurde, hat das Institut sie mit großem Erfolg angewandt. Im Rahmen des Neurovaskulären Netzwerks Ostsachsen/Südbrandenburg (SOS-NET), das die Akutversorgung in der Region bündelt, wird ein Großteil der Behandlungsbedürftigen mit der Indikation einer mechanischen Thrombektomie notfallmäßig ins Dresdner Uniklinikum verlegt. Hier kann der Thrombus von spezialisiertem ärztlichem Personal mithilfe des minimal-invasiven Eingriffs geborgen und über Hohlkatheter abgesaugt werden. Bei dem Weg durch die Gefäße navigiert die Neuroradiologin oder der Neuroradiologe den Katheter anhand kontinuierlich gemachter Angiografie-Bilder. Diese Röntgentechnik lässt die Gefäße nach Gabe von Kontrastmittel sichtbar werden. Am Dresdner Uniklinikum stellt derzeit ein siebenköpfiges interventionelles, ärztliches Team sicher, dass die mechanische Thrombektomie an jedem Tag des Jahres rund um die Uhr vorgenommen werden kann.

Inzwischen ist die Technik der Thrombektomie soweit verfeinert worden, dass beinahe 90 Prozent aller für den Eingriff geeigneten Gefäße wiedergeöffnet werden können. Der Behandlungserfolg stellt sich oft bereits während der Intervention ein. So ist es nicht ungewöhnlich, dass die vom Schlaganfall Betroffenen schon auf dem OP-Tisch wieder sprechen oder vormals gelähmte Gliedmaßen bewegen können. Dies wird in der Fachwelt als „Lazarus-Effekt“ beschrieben. Anders als bei der Lyse, die spätestens vier bis sechs Stunden nach dem Schlaganfall zu erfolgen hat und deshalb der Zeitpunkt des Ereignisses genau bestimmt werden muss, bleibt für die Thrombektomie mehr Zeit. Der Eingriff kann in einem Zeitfenster von 24 Stunden erfolgen. Das ist insbesondere für die Fälle relevant, bei denen sich der Schlaganfall im Schlaf ereignet und sein Zeitpunkt damit nicht exakt genug ermittelbar ist.

Bei dem Dresdner Hands-on-Kurs wird in Kleingruppen an modernsten Angiographiesimulatoren und an Flussmodellen im Katheterlabor trainiert. Hierbei lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die auch in der Behandlung verwendeten Materialien und Geräte sowie deren korrekte Anwendung kennen. „Unser Ziel ist es, dass die Teilnehmenden des Kurses die Grundzüge der Thrombektomie zunächst im Simulator üben, bevor sie mit ihren erlernten Fähigkeiten erstmals Patienten behandeln“, sagt PD Dr. Gawlitza. In erste Linie rekrutieren sich die Teilnehmenden dieser Kurse aus dem ärztlichen Nachwuchs solcher Kliniken, die über die notwendige Infrastruktur verfügen und bestehende Teams ausbauen möchten. In dem Setting des Kurses werden diese Ärztinnen und Ärzte von erfahrenen Spezialistinnen und Spezialisten anhand praxisnaher Simulatoren geschult. Dabei diskutieren sie auch konkrete Behandlungsfälle um die Gefahren und Probleme aufzuzeigen, die mit diesem Eingriff verbunden sind.

Die Deutschen Universitätsklinika
sind führend in der Therapie komplexer, besonders schwerer oder seltener Erkrankungen. Die 34 Einrichtungen spielen jedoch als Krankenhäuser der Supra-Maximalversorgung nicht nur in diesen Bereichen eine bundesweit tragende Rolle. Die Hochschulmedizin ist gerade dort besonders stark, wo andere Krankenhäuser nicht mehr handeln können: Sie verbindet auf einzigartige Weise Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Die Uniklinika setzen federführend die neuesten medizinischen Innovationen um und bilden die Ärzte von morgen aus. Damit sind “Die Deutschen Universitätsklinika” ein unersetzbarer Impulsgeber im deutschen Gesundheitswesen. Der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) macht diese besondere Rolle der Hochschulmedizin sichtbar. Mehr Informationen unter: www.uniklinika.de

Spitzenmedizin für Dresden: Uniklinikum in deutschem Krankenhaus-Ranking unter den TOP 5
Deutschlands größter, im Oktober 2020 zum neunten Mal erschienener Krankenhausvergleich des Nachrichtenmagazins „Focus“ bescheinigt dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden (UKD) eine hervorragende Behandlungsqualität. Die Dresdner Hochschulmedizin erreichte in diesem Jahr Platz vier im deutschlandweiten Ranking. Dies ist ein weiterer Beleg für die überdurchschnittliche Qualität der 21 Kliniken des UKD. Eine Vielzahl an Ärzten hatten Kliniken aus ganz Deutschland beurteilt. Hinzu kommen Qualitätsberichte der Kliniken sowie Patientenumfragen der Techniker Krankenkasse.

40 Krankheitsbilder wurden beim Focus-Vergleich für 2021 bewertet. Dabei schaffte es das Dresdner Uniklinikum mit 28 Indikationen in die Auflistung, für 19 Krankheitsbilder bietet das Uniklinikum eine Versorgung in der Spitzengruppe an. Top-Noten gab es für folgende Kliniken: Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Risikogeburten, Brustkrebs, Gynäkologische Krebserkrankungen), Dermatologie (Hautkrebs), Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie (Darmkrebs, Gallenblasen-Operationen), Medizinische Klinik I (Darmkrebs), Neurochirurgie (Hirntumoren), Urologie (Prostatakrebs), Medizinische Klinik III (Diabetes), Psychotherapie und Psychosomatik (Angststörungen, Depression, Psychosomatik), Psychiatrie und Psychotherapie (Depression), Neurologie (Parkinson, Schlaganfall, Multiple Sklerose), UniversitätsCentrum für Orthopädie, Plastische und Unfallchirurgie (Orthopädie, Wirbelsäulenchirurgie, Unfallchirurgie, Plastisch-Rekonstruktive Chirurgie)