Dalia Belal ist für ihren Arbeitgeber, das Rheinland Klinikum, ein „Glücksfall“: Ihre Ausbildung als Hebamme wurde sehr viel schneller als erwartet anerkannt, sie spricht gut Deutsch und ist hochmotiviert.

NEUSS. Seit wenigen Tagen hält Dalia Belal die Urkunde in Händen, die ihr bestätigt, dass ihre berufliche Qualifikation aus Algerien in Deutschland als gleichwertig anerkannt wird – mehr als ein halbes Jahr früher als erwartet. Bemerkenswert ist das schon allein darum, weil das Anerkennungs-Verfahren für Menschen aus Nicht-EU-Ländern normalerweise langwierig ist und sich über mehrere Jahre hinziehen kann. Bemerkenswert ist auch die ganze Geschichte der Hebamme, die ein klares Ziel vor Augen hatte: Die 41-Jährige kam im Mai 2023 nach Deutschland und konzentrierte sich ab diesem Zeitpunkt voll darauf, sich an ihrem neuen Arbeitsplatz, dem Kreißsaal des Neusser Lukaskrankenhauses, einzuarbeiten und ihre Sprachkenntnisse mit Hochdruck weiter zu verbessern. „Sie ist ein echter Glücksfall“, sagt Caroline Brünger, die das Team aus 32 Hebammen am Neusser Haus leitet, das zum Rheinland Klinikum gehört, „wir haben sofort gemerkt, dass sie über sehr viel Berufserfahrung verfügt und zahlreiche Geburten begleitet hat. Darüber hinaus ist sie hochmotiviert, sehr empathisch im Umgang mit den Frauen und bei den Kolleginnen beliebt.“

Fachkräfte wie Dalia Belal sind rar, der deutsche Arbeitsmarkt nahezu leergefegt. In den vergangenen Jahren hat das Rheinland Klinikum, ebenso wie die meisten großen Kliniken in Deutschland, mehrmals mit Vermittlungsagenturen zusammengearbeitet, um bereits ausgebildete Pflegekräfte und Ärzte im Ausland anzuwerben. So in Indien, der Türkei und Tunesien. Doch ganz so einfach geht es nicht mit der Integration in den Beruf in Deutschland: Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern müssen für eine Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikation eine sogenannte Gleichwertigkeitsprüfung ablegen. Und das ist nicht die einzige Hürde auf dem Weg ins deutsche Berufsleben. Darum beschäftigt das Rheinland Klinikum mit Tatiana Hilbert und Amir Janati zwei mehrsprachige Integrationsmanager, die den Eingliederungsprozess von der Bewerbung und ersten (Online-)Vorstellungsgesprächen an begleiten: Unterstützung bei Behördengängen, Beantragung eines Arbeitsvisums oder Anmeldung zu Qualifizierungsmaßnahmen. „„Ich finde es sehr wichtig, dass die ausländischen Fachkräfte einen direkten Ansprechpartner haben, mit dem sie alle mögliche Fragen und Problemen klären können, sei es bürokratische, berufliche oder private Angelegenheiten“, sagt Tatiana Hilbert, „besonders am Anfang ist es für sie wichtig, nicht allein gelassen zu sein.“ Die Integrationsmanager sollen auch dazu beitragen, dass die Fachkräfte längerfristig bleiben wollen, da sie mit ihnen feste Ansprechpartner bei Sorgen und Nöten haben.

Dalia Belal, die zunächst im Lukaskrankenhaus als Pflegehelferin beschäftigt war, kann nun, nach nur neun Monaten, ihren Beruf als Hebamme voll ausüben. Ihre Qualifikation beeindruckt. Hebammen in Algerien müssen eine fünfjährige Ausbildung abschließen. Auf diesem Niveau ist auch Dalia Belals Eignung. „Ich habe in privaten und staatlichen Kliniken gearbeitet und dort auch Vorbereitungskurse gegeben und über Verhütung beraten. Aber am liebsten begleite ich Frauen im Kreißsaal und betreue sie vor und nach der Geburt“, sagt sie und strahlt. Welche Unterschiede sieht sie in der täglichen Arbeit als Hebamme zwischen Deutschland und Algerien? „In Algerien übernehmen Hebammen mehr Aufgaben“, sagt sie, „in Deutschland bekommen die Gebärenden sehr viel Aufmerksamkeit, man geht stärker auf ihre Wünsche ein. Die Hebammen und Ärzte besprechen alles mit ihnen, sie nehmen die Frauen mit.“ Diese Zugewandtheit, der enge Kontakt und intensive Austausch zwischen Hebamme und werdender Mutter ist es, was Dalia Belal an der Arbeit im Lukaskrankenhaus besonders gut gefällt. „Dafür war in dem algerischen Krankenhaus, in dem ich gearbeitet habe, bei mehr als 30 Geburten am Tag kaum Zeit“, sagt sie rückblickend. Das und die Chance, sich in ihrem Beruf weiterzuentwickeln, neue Techniken und Kenntnisse zu erwerben, waren wichtige Gründe für ihre Entscheidung, sich ein Leben in Deutschland aufzubauen. Dafür hat die zielstrebige Frau, die neben der Berbersprache fließend Französisch und Arabisch spricht, seit 2020 Deutsch gelernt. „Das Hebammen-Team im Lukaskrankenhaus ist sehr nett. Alle machen mir Mut, selbstständig zu arbeiten. Ich bekomme viel Unterstützung, vor allem von Caroline Brünger und Manuela Keller, der Pflegedienstleitung“, erzählt sie begeistert. Fremd fühlt sie sich nicht.

Aber bislang hat sie wegen der Berufstätigkeit und des Lernpensums noch nicht viel Gelegenheit gehabt, ihre neue Heimat so richtig kennenzulernen. „Den Fernsehturm in Düsseldorf und den Kaarster See habe ich besucht, und im Sommer war ich in Köln schwimmen“, sagt sie. Ihre Familie im Bezirk Tizi Ouzou, etwa 100 Kilometer östlich von der Hauptstadt Algier, hat sie in den vergangenen neun Monaten nur zweimal während ihres Urlaubs gesehen. „Dafür haben wir uns eingesetzt, damit das Heimweh nicht zu groß wird“, sagt Caroline Brünger. Da ist sicherlich einiges nachzuholen, wenn Dalia Belals Ehemann, ein Kaufmann, und die zwei gemeinsamen Kinder (vier und sechs Jahre) zu ihr nach Neuss ziehen. Aktuell ist sie auf der Suche nach einer Wohnung für sich und ihre Familie.

 

Susanne Niemöhlmann


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